Sächsische Zeitung | 31. Mai 2016

"Ich klebe an keinem Stuhl"

Fortuna-Trainer Andreas Pach spricht über eine Wette mit Dynamo, seine offene Zukunft und mögliche Nachfolger.

Von Alexander Hiller

Hoch geflogen, ziemlich tief gefallen. So könnte man künftig die gerade abgelaufene Saison der Fußballerinnen des 1. FFC Fortuna Dresden in der Regionalliga Nordost betiteln. Das qualitativ vielleicht so stark wie noch nie besetzte Team von Trainer Andreas Pach führte am 4. und 5. Spieltag zwischenzeitlich die Tabelle an.

Nach der 0:4-Heimniederlage vom Sonntag im Steyer-Stadion gegen die spielstarke Reserve des Bundesligisten FF USV Jena beschließt Fortuna die Saison auf Rang acht im Endklassement. So schlecht wie seit sechs Jahren nicht mehr. Dennoch sieht Andreas Pach überwiegend positive Entwicklungen, wenngleich er im SZ-Gespräch über seine persönliche Zukunft im Verein nur vage Auskunft geben kann.

Herr Pach, wenn die Footballer im DDV-Stadion spielen, heißt es immer, die machen den Rasen kaputt. Nun mussten Sie im Steyer-Stadion einen Tag nach den Monarchs ran. Können Sie den Eindruck bestätigen?

Es könnte mal ein Greenkeeper über den Rasen gehen und einige Löcher notdürftig wieder zumachen. Das habe ich dann bei der Erwärmung zum Teil gemacht. So schlimm wie befürchtet, war der Rasen nicht. Was absolut nervt, sind die Football-Linien. Da nehme ich die Monarchs oder die Stadt in die Pflicht, dass wenigstens die Linien in Strafraumnähe entfernt oder übertüncht werden. Unsere Torhüterin Svantje Hagemann hätte den Regeln nach mindestens eine Gelbe Karte bekommen müssen, weil sie einen Ball im vermeintlichen Strafraum mit der Hand aufnahm, aber tatsächlich deutlich über der Markierung war. Auch die Schiedsrichter sind verwirrt. Ansonsten war ich mit den Platzbedingungen zufrieden.

Fällt nach der schlechtesten Platzierung seit sechs Jahren auch Ihr Saisonfazit entsprechend aus?

Nein. Das kann man in der Form nicht miteinander vergleichen. Die Saison war für uns ein Lernprozess. Wir haben versucht, eine völlig neue Mannschaft aufzustellen. Bei uns war viel Pech dabei – mit Verletzten, berufsbedingten Ausfällen. Von sieben Neuzugängen ist nur Carolin-Sophie Härling übrig geblieben. Wir haben so viele Tore erzielt wie zuletzt auch. Auch da hat nicht ein Rad ins andere gegriffen, was Caro betrifft. Wenn ich eine Regionalliga-Torschützenkönigin verpflichte, habe ich mir da speziell etwas mehr versprochen. Woran es lag, müssen wir analysieren. Ansonsten ist das schwierig, weil auch einige Abiturientinnen im Team stehen – Julia Schuster oder Anika Rosenhahn. Man muss denen ein dickes Kompliment machen, sie waren mit die trainingsfleißigsten. Wir sind Futsal-Landesmeister in der Halle und Sachsenpokalsieger geworden, haben also ein DFB-Pokalspiel nach Dresden geholt. Die Titel gleichen einiges aus. Aus dem Lernprozess kann man Schlüsse ziehen.

Welche ziehen Sie denn?

Dass auch das dritte Jahr sehr lehrreich war, dass man sich weiterentwickeln muss. Nun muss jede einzelne Spielerin kundtun, wie es weitergeht, damit die Personalplanungen vorangetrieben werden können. Dann wird man sehen, wen es wohin verschlägt und wohin nicht. Julia Schuster erwägt ein Auslandssemester. Linda Ottlinger könnte sich vorstellen, es noch einmal höherklassig zu versuchen.

Sie sind seit März in Doppelfunktion Männer-Trainer beim Landesligisten Stahl Riesa und bei den Fortuna-Frauen. Wissen Sie schon, wen Sie nächste Saison coachen werden?

Nein.

Sportvorstand Roland Hönisch erklärte, man wolle Sie gern halten.

Ich weiß das noch nicht. Dass es jetzt erst im Juni Gespräche gibt, finde ich ziemlich spät. Da bin ich auch etwas wehmütig. Der Verein weiß um die Doppelfunktion, weiß um Interesse von anderen Vereinen – nicht nur von Riesa. Der Klub muss etwas eher ein Zeichen gegeben werden, ob er gern will oder nicht. Das ist vielleicht etwas zu unerfahren und vorsichtig. Einige Dinge müssen geklärt werden.

Welche denn?

Ich weiß, dass der Vereinsvorstand auch andere Trainer kontaktiert hat. Ich weiß, dass beispielsweise Torsten Gütschow angefragt wurde. Problematisch ist, dass ich diese Leute selbst kenne – die mich dann kontaktieren. Das ist nicht förderlich. Ich habe die Mädels ins Herz geschlossen, die Arbeit macht enorm viel Spaß. Ich habe sie eben nicht hängen lassen, als Riesa im März auf mich zukam. Und wir waren gemeinsam erfolgreich, aber auch hier müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Es gibt andere Angebote, die werde ich mir anhören – und dann abwägen.

Es spräche also lediglich dafür, dass Sie weiter für Fortuna arbeiten, weil Sie die Mädels mögen?

Ich würde das sehr gern tun. Aber auch die Jungs in Riesa haben das verdient. Auch das macht mir riesigen Spaß. Alles hat sein Für und Wider. Es hat aber bei Fortuna nur Sinn mit einer konkurrenzfähigen Mannschaft, die Bock hat, mit mir zusammenarbeiten zu wollen. Einige wollten das nicht und haben den Verein verlassen, auch das ist legitim. Aber der Verein muss vorgeben: In welche Richtung wollen wir gehen. Ich klebe an keinem Stuhl.

Sehen Sie denn angesichts der vielen personellen Fragezeichen nach wie vor Potenzial bei Fortuna?

Das Potenzial haben wir mit dem Sieg bei der Futsal-Landesmeisterschaft und dem Gewinn des Sachsenpokals nachgewiesen. Wir besiegten in der Liga Zweitliga-Absteiger Magdeburg, das Spiel gegen Aufsteiger Union gestalteten wir sehr offen. Das Potenzial ist da – wenn die Leistungsträger bleiben und wir punktuelle Verstärkungen aus der Region finden, die dem Fußball auch ein bisschen was unterordnen wollen. Wir haben eine super Kooperation mit dem Gymnasium an der Bürgerwiese, mit dem ich ins Bundesfinale eingezogen bin. Es muss sich gekümmert werden. Aber wir dürfen nicht den dritten oder vierten Schritt vor dem ersten machen. Wenn es einen neuen Trainer geben sollte, muss der unbedingt in die Personalplanung eingebunden werden.

Vor der Saison haben Sie eine Wette mit Dynamo angestrengt, wer denn zuerst aufsteige. Die Wettschuld müssten Sie jetzt einlösen.

Gerne, wenn ich den Kontakt zu Herrn Neuhaus finde, löse ich sie ein. Wettschulden sind Ehrenschulden. Die Mädels müssten jetzt die Dynamos zum Essen einladen – ich lade den Trainer ein. Das steht nach wie vor, wenn Dynamo mitmacht. An der Stelle: Herzlichen Glückwunsch an Dynamo, da steckt enorme Arbeit dahinter, von Ralf Minge und Uwe Neuhaus.

Quelle: sz-online.de (Sächsische Zeitung, 31.05.2016)

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