Sächsische Zeitung | 07. Aug 2014

Ohrläppchen-Test wie bei den Profis

Von Alexander Hiller

Das hat es so im Dresdner Frauenfußball noch nicht gegeben. Laktattest beim Saisonauftakt. Dieser Leistungsdiagnostik unterziehen sich sonst nur die Profis. Am Dienstagabend mussten die Fußballerinnen des Regionalligisten 1. FFC Fortuna Dresden nach einer lockeren 400-m-Runde auf der Tartanbahn im Heinz-Steyer-Stadion ihre Ohren freilegen. Für den fälligen Pikser, mit dem die Diagnostiker der Uniklinik Dresden die nötige Blutmenge abzapfen, um die unter Belastung erzeugte Milchsäure zu messen. Anhand des sogenannten Laktats lassen sich Regenerations- und Ausdauerfähigkeit jeder einzelnen Spielerin ablesen.

 

Aber weshalb nun dieser professionelle Fitnesstest im Amateurbereich? Denn obwohl die Dresdner Kickerinnen in der dritthöchsten deutschen Spielklasse auflaufen, sind die Rahmenbedingungen vergleichsweise ausbaufähig. Das fängt beim Trainingsumfang an. Trainer Andreas Pach kann für die meist voll berufstätigen Frauen nur drei Einheiten in der Woche anbieten. Was für diese Liga aber durchaus normal und ausreichend ist. „Den Laktattest darf man durchaus so interpretieren, dass wir uns etwas professioneller aufstellen wollen“, erklärt Fortunas Marketing-Chef Sven Lehmann. Diese im regionalen Frauenfußball eher ungewöhnliche Leistungsüberprüfung konnte sich Fortuna nur dank einer Spende des Unternehmens Gassco Emden Projekt leisten.

„Wir wollen die knappe Vorbereitungszeit von vier Wochen optimal nutzen, um das Training auf einer gewissen Basis auszurichten“, sagt Fortuna-Trainer Andreas Pach. Der 43-Jährige konnte immerhin zufrieden konstatieren: „Die Mädels haben im Urlaub alle etwas gemacht.“ Zu den Diagnostik-Ergebnissen einzelner Spielerinnen will der Trainer zunächst nichts sagen. „Wir können anhand der Auswertungen das Training darauf ausrichten, auch was spezielle individuelle Ansprüche betrifft“, unterstreicht Andreas Pach. „Vielleicht“, lässt der Trainer offen, „wiederholen wir den Laktattest kurz vor dem Punktspielstart, um zu klären, ob wir mit unserer Dosierung richtiggelegen haben.“ Die richtige Fitness ist in der kommenden Spielzeit offenbar wichtiger denn je. „Bei drei Absteigern aus der 2. Bundesliga und vielen Vereinen, die sich personell richtig ins Zeug legen und in der Regionalliga etabliert sind, wird das eine Hammersaison“, prophezeit der Fortuna-Trainer.

Apropos personell: Da muss Pach auf die bewährten Kräfte setzen – und ohne zwei wichtige Spielerinnen auskommen. Kapitänin Juliana Franke absolviert als Studentin der Betriebswirtschaftslehre seit Juli ein halbjähriges Praktikum im Controllingbereich der Commerzbank in Frankfurt/Main. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass sich die vielseitig einsetzbare Abwehrspezialistin beim Regionalligisten Eintracht Frankfurt fit halten kann. In einem Testspiel traf Franke kürzlich bereits im Eintracht-Dress. „Der Plan ist, dass sie im Frühjahr wieder nach Dresden kommt. Ganz sicher ist das aber noch nicht“, sagt Andreas Pach.

Die Norwegerin Ingrid Walland, die in ihre Heimat zurückkehrt, ist der zweite Abgang. Dem stehen lediglich vier junge Talente aus dem eigenen Fortuna-Nachwuchs gegenüber, die Pach zumindest ins Training einbaut: Saskia Balihar, Alexandra John, Torhüterin Nina Kreße und Julia Schuster. Letztere darf wohl am ehesten auf einen flotten Anschluss im Frauenbereich hoffen. „Julia hat auf jeden Fall das Zeug dazu, in der ersten Mannschaft zu spielen“, meint der Coach. Vielleicht schon im ersten Pflichtspiel, wenn die 1. K.o.-Runde im Sachsenpokal am 24. August gleich ein Regionalliga-Duell beim SV Eintracht Leipzig-Süd vorsieht. „Ob das für den Wettbewerb so glücklich ist, weiß ich nicht“, sagt der Fortuna-Trainer verärgert.

Quelle: sz-online.de (Sächsische Zeitung 07.08.2014)

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