Sächsische Zeitung | 21. März 2017

Dicke Luft bei Fortuna

Von Alexander Hiller

Der Trainer des Regionalligisten erwägt sogar einen Rücktritt. Doch die Fußballerinnen raufen sich nach internen Zwistigkeiten offenbar wieder zusammen.

Der 1. FFC Fortuna Dresden liegt wieder im Soll. Der 4:0-Heimerfolg gegen den Tabellenvorletzten SG Blau-Weiß Beelitz liest sich auf dem Papier wie ein standesgemäßes Ergebnis. 

Aber das war es ganz und gar nicht. Denn der Fünfte der Frauenregionalliga Nordost stand in der Vorwoche gewissermaßen vor der Zerreißprobe. Nach SZ-Informationen war Trainer Andreas Pach kurz davor, sein Amt während der laufenden Saison zur Verfügung zu stellen. Auf Nachfrage reagiert er zurückhaltend, sucht lange nach der richtigen Antwort. „Dass es innerhalb einer Saison mal dazu kommt, dass man unterschiedlicher Meinung ist, soll es manchmal geben“, betont der 46-Jährige. 

Offenbar war das Klima innerhalb der Mannschaft rund um das Spiel beim Tabellenneunten in Neubrandenburg (0:0) hochexplosiv, das Team in zwei Lager gespalten. „Die Frage, wie man sich ausrichtet, ist in der Regionalliga der Frauen ein Schwebezustand zwischen Leistungsanspruch und beruflichen und anderweitigen Realitäten“, sagt Andreas Pach. Heißt im Klartext: Für die einen war/ist Fußball ein ziemlich cooles Hobby, für die anderen die schönste Nebensache der Welt. 

„Zu einem professionelleren Umgang reicht es in dieser dritthöchsten Spielklasse nicht ganz. Fußball nur als Hobby abzuschenken, dafür bin ich mir zu schade. Da habe ich einen anderen Anspruch, ohne das professionelle Denken übertreiben zu wollen. Aber wenn jemand Leistung bringen will, ist er bei mir herzlich willkommen“, erklärt Andreas Pach, der den A-Trainerschein (bis zur Männer-Regionalliga gültig) besitzt. „Ich weiß, die Frauen betreiben das mehr oder weniger als Hobby, aber so geht es anderen Sportlern auch. Trotzdem sollte man Interesse daran haben, sich mit Besseren zu messen und Leistung zu bringen. Das sollte auch unser Anspruch sein in dieser Liga“, betont er. Offenbar war genau das der Knackpunkt, der die Mannschaft entzweit hat. Das bestätigt auch der Trainer. „Nicht bei allen ist Fußball in dem Prioritätenkreis, wo er vielleicht für die Regionalliga hingehört. Zeitaufwand, Wille und Struktur gehört dazu, dass man auch in diesen Sport investiert, über seinen Schatten springt“, fordert er. Doch die Fortuna-Elf hat sich offensichtlich zusammengerauft, dem Trainer sogar einen privaten Brief mit einer gemeinsam verfassten Erklärung zukommen lassen. 

Der eingangs erwähnten Frage nach einem möglichen Rücktritt seinerseits stellt sich Andreas Pach dann doch noch – immerhin saß er ja am Sonntag auf der Trainerbank. „Ich bin niemand, der mitten in der Saison wegrennt. Wir sind erwachsene Menschen, da kann man jederzeit vernünftig miteinander reden. Das steht jetzt nicht im Raum“, stellt er klar. Er führt den 1. FFC Fortuna also zumindest bis zum Saisonende? „Das auf jeden Fall.“ Allerdings zeigt sich der Fußballlehrer offen für Offerten. „Wenn irgendwann mal ein höherklassiges Angebot aus dem Männerfußball kommt, muss man sich hinsetzen und reden. Das steht bis jetzt nicht zur Debatte“, sagt er. Pach hatte in der Rückrunde der letzten Spielzeit parallel die Dresdner Fußballerinnen und die Landesligamänner von Stahl Riesa trainiert. 

Dass sich bei Fortuna plötzlich alle wieder richtig doll lieb haben, könnte nach der offensichtlichen Abstimmung in der Mannschaft tatsächlich so sein. Allerdings stehen Andreas Pach schon rein personell betrachtet kaum Möglichkeiten zur Verfügung, auf Meinungen und Forderungen zu reagieren, die deutlich von seinen abweichen. Während Dynamo-Trainer Uwe Neuhaus auf Disziplinlosigkeiten wahrscheinlich mit einer Verbannung aus dem Kader, Strafzahlung oder gar einem Rausschmiss reagieren könnte, sind seinem Kollegen beinahe komplett die Hände gebunden. 

Schon aufgrund des dünnen Kaders, den in der Winterpause auch noch die beiden Leistungsträgerinnen Linda Ottlinger und Judith Knieling (die SZ berichtete) verlassen haben. „Bei den Frauen steht niemand Schlange. Von daher muss man bei Frauen ohnehin etwas behutsamer damit umgehen. Frauen wollen sehr viel kommunizieren, sehr viel begründet haben. Das ist nicht immer einfach“, sagt er. 

Seine Mannschaft habe gegen Beelitz die richtige, die erhoffte Reaktion gezeigt. Jessica Schleusing (23., 34.), Anika Rosenhahn (38.) und Lisa Richter (51.) sorgten für den klaren Erfolg. Diesen Weg will der 1. FFC Fortuna weiter beschreiten – mit Andreas Pach.

Quelle: www.sz-online.de

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